Die Kreuzreliquie

Geschichte der Kreuzreliquie

Die Kreuzreliquie

Das Kreuz, an dem Christus starb, wurde nach einem Bericht des Chronikon paschale am 14. September 320 von der heiligen Helena, Kaiserin und Mutter Konstantins des Großen, in Jerusalem aufgefunden. Cyrill von Jerusalem und Johannes Chrysostomus, beide lebten ein Jahrhundert später, berichten, dass gleich nach der Auffindung kleinere und größere Partikel als Reliquien an Kirchen und Einzelpersonen verteilt wurden. Der große Längsbalken jedoch blieb in Jerusalem und wurde bei der Eroberung der Stadt durch die Perser im Jahre 614 verschleppt. Das Kreuzesholz wurde aber wenige Jahre darauf durch den Sieg von Kaiser Heraklius über die Perser zurückgewonnen. Zum Andenken an dieses Ereignis feiert die Kirche am 14. September das Fest der „Erhöhung des heiligen Kreuzes“, kurz „Kreuzerhöhung“ genannt.

Als Markgraf Leopold III. im Jahr 1133 das Kloster im Sattelbachtal stiftete, schenkte er den Mönchen aus Morimond eine Reliquie des Kreuzes. Daher nannte er die Neugründung „Kloster Unserer Lieben Frau zum Heiligen Kreuz“, kurz Heiligenkreuz. Die erste, kleine Reliquie wurde am 1. Jänner 1649 bei einem Einbruch in die damalige Kreuzkapelle über dem Karner gestohlen und ist seither verschwunden. Im Jahre 1182 brachte Herzog Leopold V. mit dem Beinamen „der Tugendhafte“ aus Jerusalem ein handgroßes Stück des heiligen Kreuzes mit. Am 31. Mai 1188 vermachte er diese Reliquie in einer feierlichen Schenkung im Taiding von Mautern seinem Lieblingskloster Heiligenkreuz. Leopold V. liegt im Heiligenkreuzer Kapitelsaal begraben und wird auf einem Glasfenster im Brunnenhaus dargestellt. Diese große Reliquie ist bis heute erhalten.

Das Holz dieser Kreuzreliquie ist braunrot und in Form eines Doppelkreuzes mit zwei Querbalken zusammengestellt. Der Längsbalken, der aus 5 Einzelstücken zusammengesetzt ist, ist 23,5 cm lang, 1,7 cm breit und 1,0 cm dick. Der obere Querbalken ist 6,2 cm, der untere 10,7 cm lang. Es ist die eindrucksvollste Kreuzreliquie nördlich der Alpen.

Auf die schon im Mittelalter einsetzende Verehrung des heiligen Kreuzes weisen neben vielen Dokumenten auch die päpstlichen Ablassbriefe hin, die nicht unwesentlich zum Anwachsen der Wallfahrerströme nach Heiligenkreuz im Wienerwald beitrugen. In der Barockzeit förderte besonders Abt Robert Leeb (1728-1755) die Verehrung des Kreuzes, von ihm ist noch heute die kostbare große Rokokofassung erhalten, in der die Reliquie zu feierlichen Anlässen ausgestellt wird. Abt Robert gründete eine Bruderschaft zu Ehren des Heiligen Kreuzes und ließ auch die barocken Kreuzwegstationen errichten. Unter Abt Robert wurde erstmals das Kreuzerhöhungsfest am 14. September unter zahlreichem Zustrom von Gläubigen auf feierliche Weise begangen. Jeden Freitag ließ er in der Kalvarienkapelle des Kreuzweges eine Heilige Messe feiern.

Der Andrang von Pilgern hielt durch Jahrhunderte an, nicht zuletzt auch deshalb, weil Heiligenkreuz an der „Via Sacra“, dem Wallfahrerweg nach Mariazell, liegt. Die Barockzeit liebte in besonderer Weise das Wallfahrtswesen. Ein Rückgang war nur in der Zeit der Aufklärung um 1800 festzustellen, zumal Joseph II. die Bruderschaften, die Wallfahrten und den Reliquienkult einzuschränken versuchte.

Eine neue Blüte erreichte die Pilgerschaft zum Heiligen Kreuz in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Vom Jahr 1880 wird etwa berichtet, dass so viele Gläubige nach Heiligenkreuz kamen, dass an den großen Fastensonntagen hintereinander zwei große Prozessionen den Kreuzweg betend hinaufzogen. Im „Heiligen Jahr der Erlösung“ 1933 wurde während des Katholikentages vom 8. bis 12. September die Kreuzreliquie im Wiener Dom zu Sankt Stephan den Gläubigen zur Verehrung dargeboten.

Am 15. November 1982 wurde nach langen Bauarbeiten der Altar der Kreuzkirche zu Ehren des heiligen Kreuzes geweiht. Seit 1983 ist die Kreuzreliquie in dieser Kirche, die der Pfarre Heiligenkreuz zur Verfügung steht, in einem Glasschrein ausgestellt. Für viele Beter wird hier vor dem Kreuz der Gedanke an den gekreuzigten Erlöser zu einer Quelle des Trostes und der Kraft.

Am Kreuzerhöhungssonntag, das ist der erste Sonntag nach dem 14. September, wird in Heiligenkreuz mit großer Festlichkeit das heilige Kreuzesholz verehrt. An diesem Tag können die Gläubigen einen vollkommenen Ablass gewinnen, wenn sie zu Ehren des heiligen Kreuzes beten, das Sakrament der Buße inbrünstig zu empfangen bitten sowie im Anschluss an das Sakrament der Buße die heilige Kommunion empfangen und ein Gebet in der Meinung des Heiligen Vaters verrichten.

Seit dem Heiligen Jahr 2000 wurde das Festprogramm des Kreuzerhöhungssonntages neu gestaltet: die Festmesse wurde auf den Nachmittag verlegt, Hauptzelebrant ist in der Regel ein berühmter Bischof. Die musikalische Gestaltung durch den Chor des Neuklosters aus Wiener Neustadt und die Feierliche Prozession mit der anschließenden Verehrung des Kreuzesholzes ziehen hunderte Gläubige an. Seit dem Jahr 2000 gestalten die Mönche außerdem an den Nachmittagen der Fastensonntage Kreuzwegandachten auf der barocken Kreuzweganlage im Freien, die sich durch großen Zustrom auszeichnen.

Der 1977 verstorbene Prior P. Dr. Walter Schücker sagte über die Kreuzpartikel folgende Worte: „Die Frage nach der Echtheit der Kreuzreliquie ist nicht in erster Linie maßgeblich. Es handelt sich ja bei der Verehrung des Kreuzes darum, dass wir der überzeitlichen Erlösung Christi gedenken, und so, wie wir auch ein Kreuzbild verehren, so wird auch in der Reliquie die Tat Christi verehrt, der wir unsere Erlösung verdanken.“ Von Pater Walter stammt auch das Weihegebet, das die Gläubigen am Kreuzerhöhungssonntag vor dem Kreuz des Erlösers beten.

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