Der Plan der Klosteranlage
Kapitelsaal
Im Rahmen einer Führung kann die Klosteranlage als Synthese der Kunst- und Architekturstile von 9 Jahrhunderten erlebt werden. Führungen finden regelmäßig statt, willkommen!
„Alte Pforte“ heißt der Eingang zum Kreuzgang. Der Name erinnert daran, dass sich hier bis in die 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts die Klosterpforte befand, wo die Ankommenden von einem Mönch eingelassen wurden. Die barocken Fresken der Klosterpforte stellen den Eintretenden unter den Schutz der drei wichtigsten Heiligen des Zisterzienserordens: der jungfräulichen Gottesmutter Maria, des heiligen Benedikt (in schwarzem Mönchsgewand) und des heiligen Bernhard (in weißem Mönchsgewand). Über dem Eingang befindet sich auch das Wappen von Heiligenkreuz: eine Schwurhand auf dem Hintergrund eines Kreuzes.
Der quadratische Kreuzgang ist das Zentrum der Klosteranlage, da er alle wichtigen Räume miteinander verbindet. Ein Kloster ist als eine Stadt im Kleinen konzipiert: die Mönche mussten sich selbst ernähren und erhalten, sie übten alle Arten von Handwerken innerhalb der Klausur selbst aus. Heute arbeiten die Mönche mehr in der Seelsorge und im schulischen Bereich. Der Kreuzgang ist in romanisch-gotischem Stil erbaut und wurde 1240 unter Herzog Friedrich II. in der heutigen Form vollendet und eingeweiht.
Der erste Teil des Kreuzganges, den man sieht, ist der „Grabsteingang“. An der Wand stehen Grabsteine von Wohltätern, die im Mittelalter das Kloster mit Grundstücken, Weingärten oder sonstigen Gaben beschenkten und dadurch den Lebensunterhalt der Mönche sicherten. Diese Gönner wurden aus Dankbarkeit im Kreuzgang begraben.
Ein Teil des Kreuzganges wird Lesegang genannt, weil sich hier die Mönche jeden Abend vor der Komplet zu einer Lesung versammeln. Ein Vorleser sitzt dann in der Kanzel, der Abt und die übrigen Mönche sitzen ihm gegenüber auf der Holzbank. Täglich wird ein Abschnitt aus der Regel des heiligen Benedikt vorgelesen. Von kunstgeschichtlicher Bedeutung sind die grau-schwarzen Glasfenster, die zum Teil noch aus dem 13. Jahrhundert stammen. Diese Fenster im „Grisaille“-Stil sind typisch für die Betonung von Schlichtheit und Schmucklosigkeit, welche den Orden im Mittelalter auszeichnete. Die wertvollen Scheiben bereiten in neuerer Zeit große Sorgen, da sie durch die Luftverschmutzung langsam zerstört werden.
Im Lesegang findet am Gründonnerstag auch die Fußwaschungsfeier statt: Nach dem Vorbild Christi, der am Tag vor seinem Leiden den Aposteln die Füße wusch, vollziehen der Abt und die Mönche hier die Fußwaschung an zwölf älteren Männern aus den umliegenden betreuten Pfarreien. Die barocken Skulpturen von Giovanni Giuliani von 1705 thematisieren daher an den beiden Enden des Ganges die Fußwaschung.
Der Versammlungsraum der Mönche wird Kapitelsaal genannt, weil – zumindest in früheren Zeiten – bei jeder Zusammenkunft ein Kapitel aus der Heiligen Schrift vorgelesen wurde. Von daher rührt auch die Bezeichnung „Kapitular“ für einen Mönch, der kraft seiner Feierlichen Profess berechtigt ist, an diesen Zusammenkünften teilzunehmen. Im Kapitelsaal findet heutzutage die Feier der Einkleidung statt, also die feierliche Aufnahme der Männer, die in das Kloster eintreten und mit dem Ordensgewand bekleidet werden. Nach dem Noviziat legt der Mönch ebenfalls im Kapitelsaal die zeitlichen Gelübde ab.
Der Saal dient auch als Grablege der fürstlichen Förderer des Klosters und ist damit ein wichtiger historischer Ort für die Geschichte Österreichs! Was die Kaisergruft in Wien für die Habsburger ist, das ist Heiligenkreuz für das Geschlecht der Babenberger.
Unter anderem ist hier der Babenbergerherzog Leopold V. begraben, der König Richard Löwenherz gefangen gesetzt hatte. Leopold V. war es auch, der dem Kloster die Kreuzreliquie geschenkt hat. Auch Markgraf Leopold IV. liegt hier begraben. Während diese unter einfachen Grabsteinen ihre letzte Ruhe gefunden haben, findet sich im Kapitelsaal für Friedrich II. den Streitbaren (†1246) ein eindrucksvolles Hochgrab. Er war der letzte Babenberger, der Österreich regierte, und ein überaus großzügiger Förderer von Heiligenkreuz. Die barocken Fresken in den Wandbögen zeigen eben jene Personen, die im Kapitelsaal begraben sind.
Wahrscheinlich war die Totenkapelle im Mittelalter als „Parlatorium“ in Verwendung, also als jener Raum, an dem man – inmitten des allgemeinen Stillschweigens – miteinander sprechen durfte. 1713 wurde der Raum nach dem typischen grotesken Geschmack des Barock als Totenkapelle ausgestattet, wie sie sich heute präsentiert. Die tanzenden Skelette als Kandelaber sollen auf ihre Art der Hoffnung auf Auferstehung Ausdruck geben: Der Totentanz macht Angst, doch der tanzende Tod trägt die brennende Kerze. Diese ist ja Symbol des auferstandenen Christus und damit Symbol des ewigen Lebens! Wenn heute ein Mönch stirbt, wird er für etwa zwei Tage hier aufgebahrt. Die Mönche verabschieden sich von ihrem Mitbruder, der sein irdischen Leben in Gott vollendet hat, indem sie in stillem Gebet Totenwache bis zum Tag des Begräbnisses halten.
Die Fraterie ist der mittelalterliche Arbeitsraum der Brüder („Fratres“). Er stammt von 1240 und ist völlig original erhalten, sogar der Großteil der Bemalung! Einer der schönsten romanischen Räume der Welt! Verschiedene klösterliche Werkstätten waren in dem wohl ursprünglich unterteilten Raum untergebracht: Schusterei, Schneiderei, Tischlerei usw. Neben dieser mittelalterlichen „Werkstätte“ befand sich die Schreibstube, das Skriptorium. Dieser wichtige Raum, in dem die Mönche von Hand Bücher schrieben oder kopierten, war damals auch der einzig beheizte Raum im Kloster. Das „Kalefaktorium“ (der Heizraum) darunter wurde erst 1992 entdeckt und ist über eine Stiege begehbar. Herr Nikolai Jerabek hat jetzt im Rahmen seiner Studien mittels eines neuartigen fototechnischen Verfahrens ein dreidimensionales Modell erstellt. Man kann es hier anschauen (im Original ist die Auflösung noch viel besser). Es dauert etwas bis es geladen ist.
Kreuzgang Brunnen
Während heute jeder Mönch fließendes Wasser auf seiner Zelle hat, war im Mittelalter das Brunnenhaus die einzige Wasserquelle der ganzen Klosteranlage. Noch heute wird der Brunnen von einer eigenen Brunnenstube gespeist. Eindrucksvoll ist das sakrale Aussehen dieses gotischen Raumes, der 1295 fertiggestellt wurde. Das Brunnenhaus ähnelt einer prachtvollen Kapelle: Die berühmten gotischen Glasfenster mit Darstellungen der Babenberger, der im Schlussstein des Gewölbes thronende Christus (das Original aus Eichenholz befindet sich im Museum) und der pyramidenförmige Renaissancebrunnen geben dem Raum ein erhabenes Gepräge. Es ist verwunderlich, dass ein profaner Raum, der durch Jahrhunderte vor allem die praktische Funktion einer Waschküche und Wasserstelle des Klosters innehatte, derart ästhetisch ausgestaltet worden ist. Doch dafür gibt es einen theologischen Grund: Die sakrale Raumgestaltung soll dem Mönch auch in den profanen Tätigkeiten, also beim Waschen und Reinigen, bewusst machen, dass er Gott immer und überall dient. Die Architektur erinnert den Mönch, dass selbst gewöhnliche Alltagsarbeiten im Angesicht Christi (Schlussstein!) erfolgen und somit seiner Heiligung dienen sollen.
In Österreich und im süddeutschen Raum wurden im 17. und 18. Jahrhundert viele mittelalterliche Kirchen niedergerissen und dem Geschmack der damaligen Zeit entsprechend durch barocke Bauten ersetzt. Weil das Stift Heiligenkreuz finanziell stets im Wiederaufbau ungarischer Abteien engagiert war, die durch die Türkenkriege in Mitleidenschaft gezogen worden waren, konnte es sich einen völligen Neubau von Kirche und Klosteranlage nicht leisten. Das führte zu dem – aus heutiger Sicht überaus glücklichen – Umstand, dass die mittelalterliche Bausubstanz erhalten geblieben ist! Freilich wurden in der Barockzeit auch in Heiligenkreuz beträchtliche bauliche Veränderungen vorgenommen, jedoch zumeist in Form von Zubauten. Solch ein neuer Bau der Barockzeit, der einfach neben die mittelalterliche Klosteranlage gestellt worden ist, ist die Sakristei. Sie stammt aus dem 17. Jahrhundert und zeichnet sich durch ihre hochwertigen Barockfresken aus. Die Schränke mit den Intarsienverzierungen sind das Werk zweier Laienbrüder zu Beginn des 19. Jahrhunderts. In den Schränken werden Geräte und Gewänder für die Feier der Liturgie verwahrt.
Den besten Eindruck von der Erhabenheit der Klosterkirche bekommt man von der so genannten Vierung aus, wo sich Lang- und Querhaus kreuzen. Die Abteikirche wurde in zwei Etappen erbaut: Zunächst wurde noch im 12. Jahrhundert die dreischiffige Basilika in romanischem Stil fertig gestellt. Ihre Architektur ist typisch für die strenge und nüchterne Romanik der Zisterzienser, die keine überflüssige Verzierung duldet, sondern alle Gestaltungskraft in die Ästhetik des Raumes selbst legt. Durch die drei Fenster in der Westfront – ein Symbol für die heiligste Dreifaltigkeit – wirft am Abend zur Zeit der Vesper die sinkende Sonne ihr Licht auf die betenden Mönche im Chorgestühl.
Dieses romanische Langhaus wurde im 13. Jahrhundert durch den Anbau einer gotischen Chorhalle erweitert. Es handelt sich um den ältesten gotischen Hallenbau dieser Art in Österreich. Die hohen Glasfenster sind etwa zur Hälfte original aus der Zeit um 1290 erhalten. In der Barockzeit wurde die Kirche stark umgebaut, das mittlere östliche Fenster des Hallenchores war zugemauert und von einem mächtigen Barockaltar verstellt. Das Altarbild von Rottmayr, das die Aufnahme Mariens in den Himmel darstellt, ist heute an der Seite des Hallenchores erhalten. Die übrige barocke Einrichtung wurde Ende des 19. Jahrhunderts entfernt und durch den neugotischen Baldachin samt den Seitenaltären ersetzt. Das bemalte Kreuz über dem Altar zeigt Christus als den auferstandenen und erhöhten Herrn. Es handelt sich um die meisterhafte Kopie eines romanischen Kreuzes von 1138.
Im vorderen Teil der Abteikirche ist heute die große Kober-Orgel aufgestellt, die mit ihrer Höhe fast die Decke des nördlichen Querschiffes erreicht. Sie wurde 1804 von Ignaz Kober gebaut und hat zwei Manuale, 55 Register und 2959 Pfeifen. Erst 1997 wurde sie vollständig restauriert.
Franz Schubert hat auf dieser Orgel gespielt und für sie sogar im Jahre 1828 eine vierhändige Fuge komponiert. Natürlich auch Anton Bruckner usw. Aber soetwas ist für eine ordentliche österreichische Stiftsorgel eigentlich selbstverständlich…
Bis 1950 stand die Kober-Orgel auf einer Empore, die man zur Barockzeit im romanischen Langhaus vor der Westfassade aufgezogen hatte. Diese Empore erstreckte sich über mehrere Joche und beeinträchtigte die Raumwirkung des mittelalterlichen Kirchenschiffes stark. Nach der Abtragung der Empore fand die Kober-Orgel einen würdigen Platz im nördlichen Querschiff, wo sie zwar vor den Blicken weitgehend verborgen ist, ihre Klagwirkung jedoch ungebrochen entfalten kann.
Das Chorgestühl dient dem feierlichen Chorgebet der Mönche. Hier versammeln sie sich siebenmal am Tag, um in gemeinsamer Rezitation der Psalmen und im meditativen Gesang des Gregorianischen Chorals Gott zu preisen. Der hohen Bedeutung des Chorgebetes entspricht die künstlerische Gestaltung des Chorgestühls. Es stammt aus der Barockzeit und wurde von dem Bildhauer und Familiaren Giovanni Giuliani aus Venedig († 1744) angefertigt.
Jeder Mönch steht in einer so genannten „Stalle“, die Reihenfolge ergibt sich aus dem Alter des Eintritts. In den einzelnen Stallen stellen Holzreliefs Begebenheiten aus dem Leben Jesu dar. Oberhalb der Stallen sind kleine Engelsputten in ekstatischer Haltung und die Büsten von Heiligen mit verzückter Haltung und offenem Mund dargestellt. Darin steckt die theologische Aussage, dass an dem Chorgebet der Mönche auf Erden auch die himmlische Kirche teilnimmt, also Engel und Heilige mitsingen bzw. mitmusizieren. In der Liturgie des Chorgebetes liegt auch die wichtigste Aufgabe der Mönche, da sie es als stellvertretenden Lobpreis für alle Menschen verrichten. Man beachte auch, dass die Abteikirche nur dann in ihrer ganzen architektonischen Harmonie erlebt wird, wenn in ihr die jahrhundertealten Melodien des Gregorianischen Chorals erklingen.
Das romanische Langhaus ist der älteste Teil der Abteikirche, es wurde Ende des 12. Jahrhunderts fertiggestellt. In der Barockzeit wurde es durch eine Empore verschandelt, die die Westfront mit den drei eindrucksvollen Fenster, durch die abends das Licht der untergehenden Sonne gerade auf die betenden Mönche fällt. Das Langhaus ist reinste Romanik, wie man sie in Österreich nur selten findet. Das barocke Chorgestühl fügt sich organisch in den langgestreckten Raum ein. Am schönsten ist das Langhaus am Abend im Licht der untergehenden Sonne. Erleben kann man die Kirche ja immer nur dann wie sie ist, wenn sie ihren Zwecke erfüllt: wenn sie zum Klangkörper für das Gotteslob der Mönche wird!
Autor: Pater Karl Wallner
Englisch-Broschur, 170 Seiten, 24,0 x 16 cm
Be&Be-Verlag
Heiligenkreuz 2016
ISBN 978-3-902694-26-3
Preis: 17,90 Euro
Stift Heiligenkreuz ist eines der schönsten Klöster Europas und der Glanzpunkt des Wienerwaldes. Die 1133 gegründete Zisterzienserabtei ist kein totes Museum, sondern ein lebendiges Kloster mit vielen Mönchen. Einer von ihnen, Pater Karl Wallner, hat diesen Klosterführer selbst verfasst. Er beschreibt Architektur und Kunstwerke, informiert über Geschichte und Kultur; vor allem aber gibt er als „Insider“ einen Einblick in das Leben der Mönche.
Die Zisterzienser freuen sich über Gäste und Besucher. Kommen Sie, schauen Sie, staunen Sie! In Heiligenkreuz kann man sämtliche Baustile und Kunstrichtungen der letzten 900 Jahren bewundern. Man kann den Kreuzgang als „Paradies“ erleben, die von Weihrauch duftende Luft der lichtdurchfluteten Abteikirche einatmen oder sich vor den tanzenden Skeletten in der Totenkapelle gruseln.
Dieser Klosterführer ist wahrhaft „bilderreich“. Die 89 Fotos von Rudolf Zöchling, Jerko Malinar und anderen eröffnen neue, geradezu sensationelle Perspektiven und geben berührende Stimmungen wieder. Dieser bilderreiche Klosterführer durch das Stift Heiligenkreuz fängt einen Hauch der Schönheit des klösterlichen Lebens, der europäischen Geschichte und der christlichen Kultur ein. Bestellen Sie einfach über:
Auf dieser Seite habe ich Ihnen gerne in kurzen Beschreibungen einige der Schätze unseres Kloster präsentiert, die Sie bei einer Führung auch life erleben können. Obwohl ich auf unserer Homepage immer wieder betone, dass wir ein lebendiges Kloster sind, bleibt das doch immer nur „Wortgeklingel“, solange man das Kloster nicht „in Aktion“ erlebt hat. Wann ist ein Kloster „in Aktion“? Wenn gebetet wird!
Unsere Väter haben durch die Jahrhunderte nur deshalb all die Mühe und Arbeit und all den Aufwand in die Gebäude und Kunstwerke investiert, weil sie darin gleichsam „materiegewordenes“ Gebet gesehen haben. Der einzige Zweck eines Klosters ist die Verherrlichung Gottes, die gerade auch durch die Ästhetik geschieht.
An dieser Stelle deshalb die herzliche Einladung, die Jesus einst selbst gegenüber seinen neugierigen Jüngern ausgesprochen hat: „Komm und sieh!“ (vgl. Joh 1,39) Sie sind zu unseren Gottesdiensten, zu den Heiligen Messen und zum Chorgebet herzlich willkommen!
Wir laden Sie auch herzlich ein, im Rahmen einer Führung unser wunderschönes Kloster zu besichtigen. Es wird Ihnen gefallen!
Pater Johannes Paul Chavanne, Öffentlichkeitsarbeit,