Auf dem Platz vor dem Badener Tor des Stift Heiligenkreuz befindet sich die Sonnenreflexionsuhr – das „Denkmal zur Gewissens- und Religionsfreiheit als Grundlage des Friedens“. Sie wurde durch den Verein „Moderner Sakralbau“ errichtet und im Jahr 2009 feierlich eröffnet. Seit der Auflösung des Vereins 2024 ist das Stift Heiligenkreuz mit der Verwaltung der Sonnenreflexionsuhr betraut.
Anders als bei klassischen Sonnenuhren wird die Zeit nicht durch einen Schatten, sondern einen Lichtstreifen, den ein Spiegel am Ende des Gnomons auf das Mosaik wirft, angezeigt.
Dieser schmale Lichtstreifen wandert im Gegensatz zu einem Schatten nicht von links nach rechts, sondern von rechts nach links.
Am oberen und unteren Ende der Mosaikwand befinden sich Skalas die das Ablesen der Zeit ermöglichen. Lediglich zu Mittag dient der Schatten des Gnomons zur Anzeige der Zeit.
Abhängig von der Tages- und Jahreszeit und dem damit verbundenen Einstrahlungswinkel der Sonne, verlängert oder verkürzt sich der reflektierte Lichtstreifen und ändert seine Position. Unabhängig davon wird die Zeit auf der Skala aber immer korrekt dargestellt.
Auf einer halbkreisförmigen Wand ist das Bild „Epiphanie“ angebracht. Auf der Außenwand sind die Gründertexte der Religionen graviert.
In der Mitte steht ein Gnomon (=Schattenzeiger) aus Stahl, dessen Schatten über das Bild wandert. Die parabolförmige Wandfläche mit dem Bild ist eine Sonnenuhr.
Durch eine Öffnung im Zeiger wird zu einem bestimmten Tag das Licht gebündelt und beleuchtet so eine bestimmte Stelle im Bild.
Eine halbrunde Wand ragt aus dem Boden heraus. In diese parabolförmige Fläche wird das Bild „Epiphanie“ eingeprägt und erscheint als großes Plakat. „Epiphanie“ gleichsam als Wandreklame. Das Bild wurde durch den Mosaizisten Klaus-Peter Dyroff gestaltet. Dank des angewandten werbetechnischen Mittels wird die Fortdauer und Eindringlichkeit der Botschaft garantiert. Wir können das Wandbild als Advent verstehen; sozusagen eine fortdauernde Werbekampagne für die immerwährenden Wahlentscheide.
Auf der Rückseite des Parabols werden Gebete, die die Liturgie der Menschheit darstellen, eingraviert.
Es werden somit drei zeitgemäße Wirkweisen genutzt:
Die Werbung – der Transport – die Informatik.
In der Form eines Werbeplakates – von Bodeninschriften – und Lichteffekten.
Epiphanie, über dem Bodenniveau, ist für den Betrachter über drei Stufen erreichbar: nämlich über die Menschenwürde, die Freiheit und die Wahrheit, vergleichbar mit der Pilgerreise der Heiligen drei Könige.
Das Denkmal wurde von Philippe Lejeune entworfen.
Französischer Maler, geboren am 15. November 1924 in Montrouge, Frankreich, verstorben am 24. April 2014. Gründer der Schule von Etampes; 1995 zum „Peintre de l´Armée de terre“ (Maler der Erdarmee) und 2006 zum „Chevalier de la Légion d´honneur“ (Ritter der Ehrenlegion) ernannt.
Ex Umbris et imaginibus in Veritatem
„Aus Schatten und Bildern zur Wahrheit.“ – zitiert von der Grabplatte von John Henry Newman (1801 bis 1890)
Am Sonntag, den 04. Oktober 2009 wurde das Denkmal beim Stift Heiligenkreuz (Niederösterreich) gesegnet. Nach der Segnung wurden die Festgäste durch Mag. Prinz Gundakar von und zu Liechtenstein, Weihbischof Dr. Andreas Laun und Abt Dipl.-Kfm. Gregor Ulrich Henckel Donnersmarck zu einem Vortrag mit anschließender Diskussion geladen.
Einem vom Schöpfer geschenkten Talent und der Anstrengung des Menschen entstammend, ist die Kunst eine Form der Weisheit. In ihr vereinen sich Erkenntnis und Können, um der Wahrheit einer Wirklichkeit in einer dem Sehen und dem Hören verständlichen Sprache Gestalt zu verleihen.
Die Wahrheit ist von sich aus schön. Sie ist für den vernunftbegabten Menschen notwendig. Wenn angesprochen werden soll, was sich nicht in Worte fassen lässt, findet die Wahrheit andere ergänzende Ausdrucksformen und zwar in der Schönheit von Kunstwerken.
Weil der Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, bringt er die Wahrheit seiner Beziehung zu Gott, dem Schöpfer, auch durch die Schönheit seiner Kunstwerke zum Ausdruck.
Aus dieser Überlegung heraus haben Mitte 1991 einige Gleichgesinnte den „Verein Moderner Sakralbau“ mit der Absicht gegründet, religiös inspirierte Kunstwerke ideell und materiell zu fördern.
Der Sinn von Denkmälern
Die Lebensräume des Menschen dürfen sich nicht auf die Funktionalität beschränken. Sie bedürfen, wenn sie wahrhaft menschenfreundlich sein sollen, auch der Schönheit und der Zeichen von Sinnbezügen der Menschen.
Auf diesen beiden Gedanken beruht unter anderem die Idee, ein Denkmal zum Thema Gewissens- und Religionsfreiheit zu errichten: eine Stätte, die die Menschen zum Denken anregt.
Wahrheit
Der Mensch ist ein Wahrheitssucher. Besonders stark ist sein Verlangen nach Wahrheit in der Frage nach dem Sinn seines Lebens. Sein Gewissen verpflichtet ihn, die Wahrheit zu suchen, an ihr festzuhalten und nach ihr zu leben.
Freiheit
Dieser vertikalen Verpflichtung auf die Wahrheit kann der Mensch am besten dann nachkommen, wenn er auf der horizontalen Ebene, das heißt gegenüber seiner Umwelt frei ist: Er soll die Wahrheit suchen, aber in Freiheit!
Menschenwürde
Dieses Recht auf Freiheit gründet in der unveräußerlichen Würde des Menschen, die ihm unabhängig von allen anderen Eigenschaften zukommt.
Das Menschenrecht auf Gewissens- und Religionsfreiheit
Die klarste Formulierung dieses Menschenrechtes verdankt die Welt den Vätern des Zweiten Vatikanischen Konzils. Kaum ein anderer Text der Kirche hat jemals soviel internationale Zustimmung gefunden wie eben dieses Dokument. So entspricht das Denkmal dem Bedürfnis der Zeit und ist zukunftsweisend.
Die weltweite Anerkennung dieses Grundrechtes schließt Rassismus, Religionskriege und Verfolgung Andersdenkender aus.